Wir retten unser altes Haus (2)
Junges Leben in alten Mauern
Die Rettung historischer Häuser in Niedersachsen liegt im Trend – immer mehr junge Menschen entscheiden sich dazu, alte Resthöfe, Bauernhäuser oder Hotels und Gaststätten wieder aufzubauen. Unterstützt werden sie dabei vom Monumentendienst – einem bundesweit einmaligen Verein, der mit fachkundiger Hilfe und finanziert mit öffentlichen Geldern dafür sorgt, dass alte Bausubstanz erhalten bleibt. Seit 17 Jahren wurden so bereits mehr als 1 800 historische Gebäude im Nordwesten Niedersachsens betreut und gerettet.
Meldet sich jemand beim Monumentendienst, kommen die Mitarbeiter zu ihnen nach Hause und machen eine Inspektion. Diesen Service bekommen aber nur Mitglieder des Vereins – 60 Euro kostet das pro Objekt. Finanziert wird der Monumentendienst vom Land Niedersachsen und 13 Kommunen im Nordwesten Niedersachsens. Auch Moritz und Vanessa Messerer aus Westgroßefehn sind Mitglied geworden. Sie haben über Ebay ein altes Kapitänshaus am Kanal gekauft und wollen es nun von Grund auf sanieren. Der Schatz des Hauses ist ein seltenes Tapetenzimmer aus dem Jahre 1806. Das junge Paar will das Kunstwerk mit öffentlichen Zuschüssen restaurieren lassen und dann der Öffentlichkeit zugänglich machen. Doch ihr Weg ist steinig – den Kampf mit den Behörden haben sie so nicht erwartet.
Einfacher hat es da Georg Jürgens im Wangerland. Er rettet den riesigen Gulfhof seines Großvaters und macht daraus einen Treffpunkt für die ganze Familie. Oft ist er mit seiner Frau und seinen drei Kindern am Deich, um das Anwesen Stück für Stück zu restaurieren. Als erstes wollen sie eine Küche aufbauen – dazu muss ein verfaulter Balken ausgetauscht werden. Der Monumentendienst kann helfen und liefert zwei schwere Balken aus ihrem Lager an. Im Obergeschoss sollen Schlafräume entstehen. Dafür brauchen sie mehr Licht und damit Dachflächenfenster. Mit Andre Tönnies von der Unteren Denkmalschutzbehörde stimmt Georg Jürgens den Einbau ab. Denn historisch korrekt ist es nicht – aber sie finden einen Kompromiss. Für die Kinder ist der Hof ein großer Abenteuerspielplatz – dort können sie Trecker fahren, auf Bäume klettern oder Frösche fangen. Und direkt neben dem Gulfhof liegt unter einem Erdhügel eine echte Burg – beim Besuch von Archäologen erfährt die Familie mehr darüber.
Hubert Rummeni auf der Insel Borkum hat sich vorgenommen, das historische Hotel seiner Familie wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Als erstes sind die Erker und Balkone dran – sie haben in 130 Jahren an der salzigen Nordseeluft Schaden genommen und müssen nun erneuert werden. Durch die maroden Balkone war Gefahr im Verzuge. Deshalb hat Hubert Rummeni die Baumaßnahmen schnell in Angriff genommen. Zu schnell – der er hatte noch keine offizielle Genehmigung der Behörden. Durch diesen Fehler sind ihm 50 000 Euro an Förderung verloren gegangen. Der Hotelier ärgert sich darüber sehr – aber ans Aufgeben denkt er nicht. Nach den Balkonen will er nun im nächsten Jahr das Dach sanieren.
Alle drei Objekte werden von den Mitarbeitern des Monumentendienstes betreut. Und gleichzeitig sorgt dieser gemeinnützige Verein dafür, dass aus Abbruchhäusern historische Baustoffe gesichert und später wieder verwendet werden können. So soll im kleinen Schweindorf im Landkreis Wittmund ein altes Müllerhaus abgerissen werden. Die Mühle wurde vom örtlichen Mühlenverein restauriert – auf dem Platz des alten Müllerhauses soll nun eine Freifläche für die Bürger entstehen. Vor dem Abriss hat sich die Gemeinde an den Monumentendienst gewandt – und der hat sich bedankt. Denn so konnten 6 000 seltene und handgefertigte Steine für Reparaturen an denkmalgeschützten Häusern wieder verwendet werden. Die ersten Steine bringt der Monumentendienst zu einem historischen Küsterhaus in Leer – eine nachhaltige und historisch einwandfreie Lösung - zur Freude der Denkmalschützer.
Die Dokumentation aus der Reihe „nordstory“ begleitet die einmalige Arbeit des Monumentendienstes in Niedersachsen und zeigt, wie junge Menschen in alten Mauern leben wollen.
Wiederholung: 13. Januar 2022 um 15:00 Uhr, NDR Fernsehen
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