Viehabtrieb im Norden
Zum Winter bringen die Bauern ihre Tiere in den Stall
Wenn es kalt wird in Niedersachsen und die ersten Stürme übers Land wehen, dann bringen die Landwirte ihre Tiere in Sicherheit. In Nessmergrode treibt Jens Behrends seine Salzwiesenrinder über Straßen in den Stall. Im Harz holt Öko-Bauer Daniel Wehmeyer sein Rotes Höhenvieh von den Bergwiesen. Und Schäfer Stefan Rose sammelt seine 900 Schafe ein. Mit fünf großen Lastwagen bringt er sie Mitte Dezember vom Nordsee-Deich zurück in die Lüneburger Heide. In allen drei Fällen sind Zwischenfälle vorprogrammiert – aufgeregte Kühe brechen aus der Herde aus und hauen ab, störrische Schafe wollen nicht auf den LKW und lassen sich tragen – und das Rote Höhenvieh hat sich schon so manches Mal in Panik in die Büsche geschlagen.
Im November gibt es an der Küste die ersten Herbststürme, Sturmfluten drohen, die Salzwiesen werden überflutet, manchmal bis an den Deich. Höchste Zeit für Landwirt Jens Behrends. Auf drei Weiden direkt am Meer grasen seine 90 Kühe mit ihren kleinen Kälbern. Im Herbst gibt dort es den häufig spektakulären Almabtrieb. Dafür sichert der Landwirt zunächst die Strecke ab. Von den Salzwiesen bis in den Stall sind es etwa drei Kilometer. Die gilt es mit den Tieren zu bewältigen. Am Straßenrand parken Autos, es gibt Häuser mit Vorgärten. Vorsorglich spricht er mit den Anwohnern.
024 Auch im Harz gehen die Rinder von Daniel Wehmeyer des Öfteren stiften, wenn er sie im November von den Bergwiesen holt. Mit einem Trecker fährt er vorneweg, in der Hand einen Eimer mit Weizenschrot. Damit lockt er die Leitkuh des Roten Höhenviehs, die ihrerseits die gesamte Herde hinter sich herzieht. Hochkonzentriert muss er sein, denn kommt ein einzelnes Tier vom Weg ab, folgen die anderen sofort.
Und das ist im Gebirge nicht ungefährlich. Überall lauern Schluchten und Abhänge. Auch Daniel Wehmeyer sperrt die Strecke vor dem Viehabtrieb mit Flatterband ab. Doch nicht immer halten sich die Tiere daran. Es ist auch schon vorgekommen, dass eine Kuh sich selbständig gemacht hat und im Galopp den Berg hinunterlief. Einmal musste Daniel Wehmeyer sogar schon die Polizei zu Hilfe rufen.
Stefan Rose hat andere Probleme. Über 900 seiner Schafe verbringen den Sommer am Nordseedeich in Ostfriesland. Sie werden auf den Deichen eingesetzt, um das Gras kurz und den Boden fest zu machen. Früher hat er seine Schafe quer durch Niedersachsen zurück in die Lüneburger Heide getrieben. Dafür hat er heute keine Zeit mehr. Mit fünf großen Lastwagen holt er seine Tiere kurz vor Weihnachten nach Hause. Die größte Hilfe beim Deichabtrieb sind die Hütehunde. Sei kreisen die Herde immer mehr ein und schaffen sie dann in die Richtung der Lastwagen.
Das Problem von Stefan Rose sind die störrischen Schafe. Viele Tiere trauen sich nicht über die Rampe in den LKW und bocken. Im vergangenen Jahr musste er vielen seiner Schafe dann die Beine zusammenbinden und eigenhändig auf den Transporter tragen – eine schweißtreibende Arbeit. Er ist froh, wenn die Schafe nach gut 200 Kilometern wieder wohlbehalten vom Lastwagen auf die grüne Wiese laufen können. Für ein Mutterschaf war die Reise in diesem Jahr besonders anstrengend – kurz nach der Ankunft bekam sie auf der frischen Wiese bei Walsrode ein neugeborenes Lamm.
Wiederholung: 23. Januar 2019 um 11:30 Uhr, NDR-Fernsehen
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