Trinken, Baden, Bewässern
Der Kampf ums Wasser im Norden
Unser Wasser ist nach dem dritten heißen Sommer zum kostbaren Gut geworden. Mancherorts kam es in diesem Sommer schon zu Versorgungsengpässen. Jetzt werden die Menschen im Norden zum Umdenken aufgefordert – sie müssen Wasser sparen. Bisher war es normal, dass das Wasser aus der Leitung kommt – egal wann und egal wie viel. Die einen duschten bei der Hitze mehrmals tätig, viele wässerten die Pflanzen in ihrem Garten. In diesem Jahr kam noch eines erschwerend hinzu: Durch die Corona-Krise sind viele nicht in Urlaub gefahren und verbrauchten darum auch mehr Wasser als sonst. Selten wurden so viele Swimming-Pools verkauft wie in diesem Jahr – vor allem in Wohngebieten mit vielen Einfamilienhäusern.
In Lauenau im Schaumburger Land wurde das Wasser so knapp, dass ein Lautsprecherwagen der Feuerwehr die Bürger aufforderte, Wasser in den Supermärkten zu kaufen. Die Versorgungslage sei kritisch. Das kannten die Menschen bisher nicht – eine völlig neue Situation. Für viele war das ein Schock. Duschen, Baden, Bewässern – alles wurde von einer Minute zur anderen stark rationiert. Inzwischen fließt das kühle Nass wieder aus der Leitung, aber eine Entwarnung ist das nicht. Die Einwohner sollen sparsam sein mit dem Wasser.
Und Brunnenbauer haben gerade Hochkonjunktur. Dimitri Reitenbach aus Celle baut bis zu vier Brunnen am Tag – meistens für Gartenbesitzer, die damit ihren Rasen sprengen oder Blumen bewässern wollen. Doch das Bohren eines Brunnens ist nicht immer einfach – auf jedem Grundstück ist die Bodenbeschaffenheit anders. Oft braucht er mehrere Versuche, bis er an das sprudelnde Nass heran kommt. So ein privater Grundwasserbrunnen muss übrigens immer bei der Gemeinde oder Stadt gemeldet werden – der Bau kostet etwa 500 Euro.
Auch Poolbauer profitieren derzeit von den heißen Temperaturen. Viele Menschen sind in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht in Urlaub gefahren und haben sich einen Swimmingpool in den Garten gestellt. Kai Hochhaus aus Edewecht bei Oldenburg hat sich auf den Bau von Natur-Schwimmteichen spezialisiert. Schon mit 17 Jahren hat er seine eigene Firma gegründet – da ging er noch zur Schule. Er hat bis zu vier Projektanfragen pro Tag. So ein Natur-Pool ist meistens 1,5 Meter tief, muss nur zu Anfang einmal aufgefüllt werden und wird gereinigt durch Wasserpflanzen und eine mechanische Filteranlage. Ein Pool in der Größe von vier mal fünf Metern kostet etwa 30 000 Euro.
Auch die Landwirtschaft kämpft jetzt schon das dritte Jahr ums Wasser. 80 Liter pro Quadratmeter dürfen die Bauern maximal pro Jahr beregnen. Einige teilen sich diese Menge ganz genau ein – andere setzen schon jetzt auf neue wassersparende Beregnungsanlagen. Jörg Marwede aus der Nähe von Uelzen baut Kartoffeln, Getreide und Rüben an. Bei den heißen Temperaturen muss er seine Pflanzen beregnen, damit sie nicht eingehen. Die meisten Bauern bewässern ihre Felder mit der sogenannten Trommel-Variante.
Das Wasser wird im hohen Bogen auf die Pflanzen gespritzt – dabei geht aber auch vieles daneben oder wird verweht. Jörg Marwede ist einer der wenigen, die schon auf die moderne Kreisbewässerung setzen. Diese Maschinen sind teurer, aber verbrauchen weniger Wasser, sind effizienter und energiesparsamer. Jörg Marwede hat bereits vier davon installiert – jede dieser Anlagen kostet 45 000 Euro. Aber sie sparen Wasser - 15 Prozent spart diese Technik im Vergleich zu den herkömmlichen Trommelregnern ein.
Einzigartig in Deutschland ist in Uelzen ein Modell zum Wassersparen. In einer der größten Zuckerfabriken Europas werden jährlich 2,5 Milliarden Rüben verarbeitet. Und die bestehen zu 75 Prozent aus Wasser. Das Wasser wird bei der Zuckerherstellung den Rüben entzogen - und wiederverwertet. Über Klärbecken und eine Wasserreinigungsanlage gelangt es zunächst in vier große Teiche und von dort über ein Pumpensystem wieder auf den Rübenacker.
Nicht weit von Uelzen entfernt ist das Thema Wasser auch plötzlich in den Fokus der Bevölkerung gerückt. In Lüneburg kämpft eine Bürgerinitiative gegen einen Groß-Konzern. Weil Coca-Cola die Grundwasser-Fördermenge verdoppeln will, sorgen sich die Menschen um ihr Wasser. Gerade hat in Reppenstedt eine Probebohrung für den 3. Brunnen von Coca Cola begonnen, aus dem 350 000 Kubikmeter des Grundwassers gefördert werden sollen. Die Bürger sind sauer und gehen auf die Straße. Dort wird der Ton rauer – beim Kampf ums Wasser – und der nächste trockene Sommer kommt bestimmt.
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