„So ein Tag!“ aus Verden/Aller

Zufallsbekanntschaften in Norddeutschland

Auf ihrem Kalenderblatt steht an diesem Morgen das Wort „Neuanfang“ – und mit diesem Gefühl verlässt die 53jährige Regina Thalmann ihr Dorf Dörverden, um im zehn Kilometer entfernten Verden ein paar Besorgungen zu machen. Sie hat sich fest vorgenommen, heute nur auf der Sonnenseite der Straße zu gehen – und dort trifft sie auf Moderator Sven Tietzer. Auf die Frage, ob sie sich vorstellen kann, sich heute den ganzen Tag von einem Kamerateam begleiten zu lassen, sagt sie spontan ja. Das Team sei ihr sympathisch.

Regina Thalmann gibt sich gleich sehr offen. Bei einem Gespräch im Eiscafé erzählt sie davon, dass sie bald ihr Dorf verlassen und einen Neustart machen möchte. Sie hat zwei Kinder. Die älteste ist bereits 33 und lebt in Hamburg, ihr Sohn Bennett ist 14 und geht aufs Internat. „Als meine Tochter ihr Diplom gemacht hat, sagte sie mir, das sei sie nur durch mich“, erzählt die Mutter stolz. Diesen Satz werde sie nie mehr vergessen.

Regina Thalmann war früher Sprechstundenhilfe und ist heute Frührentnerin. Im Jugendtreff Dörverden arbeitet sie ehrenamtlich beispielsweise in der Hausaufgabenbetreuung. Außerdem bietet sie in der örtlichen Schule eine Koch-AG für Schüler an. „Ich kann sehr gut mit Menschen umgehen, erkenne oft ihre Probleme und kann ihnen dann helfen“, sagt sie selbstbewusst. Manchmal aber braucht sie auch selbst Hilfe. An diesem Tag hat sie einen Termin bei der Caritas. Dort will sie sich beraten lassen, wie sie ihren persönlichen Neuanfang gestalten soll. Das Gespräch führt sie allein – Moderator Sven Tietzer wartet draußen.

„Jetzt werden die Segel neu gesetzt“, sagt Regina Thalmann, als sie nach einer knappen Stunde wieder heraus kommt. Alte Zöpfe abschneiden – Aufbruch zu neuen Ufern. „Heute läuft alles wie von selbst“, schwärmt sie auf dem Beifahrersitz auf dem Weg zum Supermarkt. „Heute bin ich auf der Sonnenseite!“ Im Dorfladen kennt man sie. Hier muss sie einkaufen für die Koch-AG am nächsten Tag.

Was fehlt, sind die Eier. Die holt sie regelmäßig bei ihren Eltern, die im selben Dorf gleich nebenan wohnen. Ihr Vater sitzt vor der Haustür und ist einigermaßen erstaunt, als seine Tochter mit einem Fernsehteam aus dem Auto steigt. Die Mutter sitzt im Garten – und ist nicht minder überrascht: „Sind sie etwa Herr Tietzer, der aus dem Fernsehen?!“, sagt sie zur Begrüßung. Seit mehr als 50 Jahren lebt die Familie auf dem Hof – Vater Thalmann hat alles selber umgebaut – er ist vom Fach.

Zum Schluss des Tages nimmt Regina Thalmann das NDR-Team mit zu sich nach Hause. Dort erzählt sie Sven Tietzer von ihrem derzeit größten Problem. Ihr Ex-Lebensgefährte habe die Familie verlassen, als ihr Sohn drei Jahre alt war. Jetzt sei er plötzlich wieder aufgetaucht und das bringe vieles durcheinander. Das intensive Gespräch wird unterbrochen vom Handy-Klingeln. Der „Buschfunk“ im Dorf funktioniert - ihre Freundin Antje hat erfahren, dass Regina mit einem Fernsehteam beim Einkaufen war. Und nur wenige Minuten später steht Antje vor der Tür. Regina Thalmann nennt sie die „Zuckerbäckerin“.

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