„So ein Tag!“ – aus Oldenburg
Zufallsbekanntschaften in Norddeutschland
„He du da, lächle doch mal, lächle doch mal“ – mit diesem Lied spricht ein Straßenmusiker seit 25 Jahren die eiligen Passanten in der Fußgängerzone in Oldenburg an. Der Mann nennt sich „Paule Witzig“, ist 59 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Emden. Moderator Sven Tietzer fragt ihn, ob wir ihn näher kennenlernen und mit der Kamera begleiten dürfen. „Wenn ihr das bezahlen könnt“, witzelt der Entertainer. Aber er ist spontan – und willigt ein.
„Ich kann hier meinen Traum leben“, erzählt er mit glänzenden Augen. Bei schönem Wetter Musik machen und vor allem die Kinder unterhalten. Das sei für ihn das Größte. Bei einer kurzen Pause im Straßencafé erzählt Paule, dass er eigentlich Reedereikaufmann gelernt hat. Doch dann hatte er einen Unfall, der sein ganzes Leben auf den Kopf stellte. „Ich bin aus acht Metern Höhe abgestürzt“, erzählt der Musiker. Einen Monat habe er im Koma gelegen – und zwei Jahre gebraucht, um wieder arbeiten zu können. Noch heute- fast 30 Jahre später - leide er darunter. Er habe Konzentrations- und Schlafstörungen – darum sei er nun auch Frührentner.
Wir dürfen Paule nach Hause begleiten. Und Moderator Sven Tietzer ist überrascht. Der Mann mit den zerschlissenen Instrumenten lebt nicht etwa in einem Bauwagen, sondern in einem gutbürgerlichen Haus mit Einbauküche und Gartenlaube. Und das liegt an seiner Frau. Denn Paule ist seit zehn Jahren mit seiner Petra verheiratet. Sie ist das totale Gegenteil des spontanen Lebenskünstlers. „Sie sorgt dafür, dass wir keine nassen Füße bekommen“, erklärt Paule. Petra ist Tiefbau-Ingenieurin und baut Deiche.
Bei einer Tasse Tee im Garten erzählt Paule dann aus seinem Leben. In drei roten Aktenordnern hat er seine Erlebnisse zusammengefasst. Die Aufzeichnungen beginnen mit Fotos von seiner ersten Gitarre und ausgeschnittenen Zeitungsartikeln seiner ersten Auftritte. Ein viertel Jahr war Paule auch mal in Namibia. Dort hat er auf einer Farm gearbeitet und ist in der Hauptstadt Windhuk als Straßenmusiker aufgetreten.
Das spannendste Erlebnis seines Lebens hatte er aber in Oldenburg – an einem ganz normalen Tag beim Blätterharken. „Plötzlich schrie da ein Mädchen“, erinnert sich Paule. Ihre Freundin sei entführt worden. Paule reagierte schnell, verfolgte den Täter, der ein Messer dabei hatte, und drohte ihm mit seiner Harke. Der Entführer suchte das Weite, Paule brachte das weinende Mädchen zur Polizei. Am nächsten Tag wurde er in der Zeitung als Retter gefeiert. Der Verbrecher konnte später überführt werden.
Und dann zeigt sich Paule von seiner nachdenklichen und gefühlvollen Seite. Auf dem Klavier spielt und singt er von dem alten Mann auf der Straße, in seinem Lieblingsgedicht geht es um seine große Liebe. Und das ist seine Petra.
Lieber Herr Ahrends,
danke für den schönen, wunderbaren und wundersamen Paule-Witzig Film!
(Besonders einfühlsam von Ihnen, vor dem Abendessen die beiden wieder alleine zu
lassen!)
Freundliche Grüße
Günter Reins
Da kommen Kindheitserinnerungen auf...dabei bin ich fast 30 ;).
Er ist doch schon ein lebendes Wahrzeichen von Oldenburg.