„So ein Tag!“ – aus Bremervörde
Zufallsbekanntschaften in Norddeutschland
In Bremervörde kennen ihn alle – Nico Rothermund ist das Unikum vom kleinen Bootshafen an der Oste. Hier ist sein Zuhause, hier liegen seine beiden Schiffe. Seit 25 Jahren lebt der 76jährige Rentner nun schon auf seiner „Klabautermann“ – ein alter weißer Pott von über 100 Jahren, mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad. Im Führerhaus trifft er sich regelmäßig mit seinen Freunden – und jeden Freitag kommt die Tochter auf einen Kaffee vorbei.
Nico Rothermund ist Lebenskünstler – ein echter Typ. Knapp 700 Euro Rente bekommt er im Monat – große Sprünge könne er damit nicht machen, sagt er. Aber das wolle er auch gar nicht mehr. Er hat viel erlebt in seinem Leben – und ist nun zufrieden in seiner schwimmenden Wohnung. Früher hatte er mal zwei Kneipen – einer in der Stadt und später eine auf seinem Schiff. Aber reich geworden ist er damit nicht. Heute lebt Nico so in den Tag hinein – und plaudert viel, wenn der Tag lang ist - mit Seglern, Bootsbesitzern oder Fahrradfahrern an der Kaimauer. In Bremervörde ist er nicht mehr wegzudenken.
Zweimal war Nico verheiratet – aber mit den Frauen komme er nicht klar, sagt er. Die eine wollte aus ihm einen Bauern machen, die andere einen Krawattenträger. Aber der alte Seebär lässt sich nicht verbiegen – dann ist er schon lieber allein. Zwei Söhne hat er und eine Tochter – der Kontakt zu seinen Jungs ist spärlich.
Nachdem wir den Rentner-Kapitän auf seinem Kahn angesprochen haben, lädt er uns gleich zu einer kleinen Spitztour mit seinem zweiten Boot ein - der „Piraten-Hein“. Es ist ein Segelboot, das er vor Jahren einmal als Wrack bekommen und dann in mühevoller Arbeit umgebaut hat. Auf der Fahrt auf der Oste erzählt er uns von seiner Havarie mit einer Fähre, von seinen Frauengeschichten und von seiner Zeit als Alkoholiker.
Auf seiner Silberhochzeit hat er aufgehört zu trinken – und dann 16 Jahre lang keinen Tropfen angerührt. Aus Wut auf seine Frau habe er dann wieder angefangen, sagt er, „da habe ich mir so richtig die Rübe zugezogen!“ Heute hat er seinen Alkoholkonsum unter Kontrolle. Er trinkt nur noch Wein, keine harten Sachen mehr – denn seine Leberwerte sind schlecht. Über seine Zukunft macht sich Nico keine großen Gedanken. „Das ist mir scheißegal“, sagt der Rentner. Am liebsten wäre es ihm, wenn er abends ins Bett gehen und morgens nicht mehr aufwachen würde. Wie sein Nachbar. Der habe Glück gehabt.
16.11.2018 Uwe Steffens verstorben, ein Kapitän das Schiff Bremervörde Klabautermann