Schwergewicht am Haken
Kräne von Ulferts heben schwerste Lasten
Wenn in Norddeutschland schwere Lasten zu heben sind, dann sind meistens die Kräne der Firma Ulferts zur Stelle. Die Zentrale des Unternehmens ist in Neermoor in Ostfriesland, direkt an der Autobahn. Von hier aus starten jeden Morgen die Kranführer mit ihren hochmodernen Fahrzeugen in alle Himmelsrichtungen. Überall im Nordwesten sieht man die gelben Kräne – wenn Kirchtürme neue Spitzen bekommen, Windmühlen neue Flügel oder wenn wieder einmal ein großer LKW verunglückt ist.
Einer dieser Einsätze führt die Männer von Ulferts in den Hafen von Harlesiel . Hier hat sich Reeder Dieter Albrecht ein 45 Tonnen schweres Schiff gekauft, um es künftig für See-Bestattungen zu nutzen. Schon seit 1969 macht Albrecht diese Trauerfeiern auf hoher See, bisher immer mit nur einem Schiff. Jetzt ist aber die Nachfrage größer geworden – Albrecht will bald gleichzeitig mit einem zweiten Boot rausfahren. Das Problem: Das in Holland gekaufte Schiff muss noch umgebaut werden. Und das soll auf dem Betriebsgelände im Dorf geschehen – etwa sechs Kilometer vom Hafen entfernt. „Das werden wir heute Abend noch sehen, das wird an einigen Stellen noch spaßig und eng werden“, sagt Geschäftsführer Temmo Niekamp. Er leitet das Unternehmen seit acht Jahren – mehr als 340 Mitarbeiter hat Ulferts inzwischen. Neben Neermoor gibt es Niederlassungen in Wilhelmshaven, Oldenburg, Brake, Hamburg, Kiel, Lübeck, Flensburg, Schwerin und Neubrandenburg.
Der Auftrag in Harlesiel hat es in sich. Zunächst muss der Koloss aus dem Hafen gehoben werden. Ausgerechnet an diesem Tag bläst ein kräftiger Wind – Reeder Dieter Albrecht ist aufgeregt. Immerhin hat er 250 000 Euro für das Schiff bezahlt: „Ich merke es schon, wenn ich den Puls so fühle. Der ist ein bisschen höher als heute morgen.“ Kranführer Marcel Lüttich muss an diesem Tag all seine Erfahrung anbringen, damit die Yacht keinen Schaden nimmt. Um den Wind im Blick zu behalten, bringt er ein Anemometer an der Kranspitze an.
Einige Tage später soll ein neues Kreuzfahrtschiff der Meyer-Werft in die Nordsee überführt werden. Damit der Luxus-Liner überhaupt die Werft verlassen kann, sind wieder die Männer von Ulferts gefragt. Sie heben zwei tonnenschwere Teile der Papenburger Dockschleuse aus den Angeln, damit das Traumschiff passieren kann. Tausende von Menschen stehen an den Deichen und schauen den Männern bei ihrer Arbeit zu. Für Kranführer Hermann Vahle ist es ein Heimspiel, er ist immer in Papenburg dabei. Er sagt: „Ohne uns würde das Schiff nicht auslaufen.“ Und auch sein Kollege Kersten Dluzak findet, dass dieser Einsatz immer ein ganz besonderer ist.
Ulferts Kräne sieht man inzwischen überall. Dabei hat der Familienbetrieb aus dem kleinen Dorf Neermoor in Ostfriesland im Jahre 1972 mit einem kleinen Kran angefangen. Und die Gründungsgeschichte ist ebenfalls besonders. Seniorchef Hermann Ulferts hatte damals mehrere Betonmischer. Als einer davon verunglückte und der Beton in der Trommel auszuhärten drohte, orderte Ulferts in Wilhelmshaven einen Kran. Doch er wurde immer wieder vertröstet, der Kran kam nicht, der Betonmischer war dahin. „Und Herr Ulferts hat dann, wie ein Ostfriese dann so reagiert, als Unternehmer gesagt, ich kaufe mir morgen einen Kran. Und das hat er dann auch wahr gemacht und so ist das Ganze hier entstanden“, sagt Geschäftsführer Temmo Niekamp, der übrigens der Neffe von Hermann Ulferts ist.
Einer der Stammkunden von Ulferts ist Gassco in Emden. Das Unternehmen betreibt das größte Erdgas-Terminal Deutschlands an der Dollart-Mündung. Dort kommt norwegisches Erdgas über Pipelines an und wird weiter nach Deutschland befördert. Mehr als ein Drittel des bundesdeutschen Erdgases kommt über diesen Weg. In diesem Sommer wurde das Terminal erweitert und neu in Betrieb genommen. Die alten Anlagen müssen nun demontiert werden – eine Mammutaufgabe auch für Ulferts. Seit über 40 Jahren steht ein 75 Meter hoher Turm auf dem Gelände – oben brannte von Zeit zu Zeit weithin sichtbar eine Fackel. Seit einigen Jahren ist sie außer Betrieb – jetzt muss sie abgebaut werden. Dafür hat Ulferts zwei große Kräne in Position gebracht. Doch auch hier bereitet das Wetter den Kranführern Sorgen. Mitten im Einsatz in schwindelnder Höhe bläst plötzlich ein starker Wind auf, Nebel zieht auf und es beginnt zu regnen. Aber der Einsatz kann nicht mehr gestoppt werden – der riesige Brenner ist bereits halb abgeschraubt.
Die „Nordreportage“ begleitet die Kranführer bei diesen spannenden Aufträgen und dokumentiert anschaulich, wie aufwändig es sein kann, wenn schwere Lasten bewegt werden müssen.
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