Der Inselmakler
Martin Ullrich verkauft Häuser auf Spiekeroog und Langeoog
Martin Ullrich kennt die ostfriesischen Inseln wie seine Westentasche – vor allem die zahlreichen Häuser, Ferienwohnungen und Hotels zwischen Hafenmole und Strand. Der gebürtige Ostfriese ist Immobilienmakler der Sparkasse Leer-Wittmund und immer auf der Suche nach interessanten Objekten für seine Kunden, die meistens vom Festland kommen. Borkum, Spiekeroog, Langeoog und Wangerooge – das sind „seine“ Inseln. Ob mit Schnellboot, Fähre, Frachtschiff oder Flugzeug – der Inselmakler ist jeden Tag unterwegs – mit Aktentasche, aber ohne Schlips und Kragen, damit er nicht von jedem gleich erkannt wird.
Beim Geschäft mit den Häusern auf den Inseln muss Martin Ullrich sehr diskret sein und mit viel Fingerspitzengefühl zu Werke gehen. Denn die meisten Insulaner wollen vermeiden, dass der Verkauf des eigenen Hauses Dorfgespräch wird. „Manchmal nehme ich die letzte Fähre und schleiche mich im Dunkeln durch den Garten, um mit den Verkäufern zu sprechen“, schmunzelt Ullrich. Denn: Bei den Immobilien auf den Inseln geht es immer um sehr viel Geld. Ein Haus für eine Million Euro und mehr ist keine Seltenheit. Der Grund: Nicht wenige stressgeplagte und wohlhabende Festländer träumen von einem Haus auf der Insel. Die Nachfrage ist groß, das Angebot bescheiden. Martin Ullrich: „Ich hatte noch nie so wenige Häuser wie jetzt zu verkaufen!“ Die Folge: Die Preise steigen.
Auf Spiekeroog hat Martin Ullrich vor einem halben Jahr sieben Wohnungen der Ferienhausanlage „Emil Nolde“ verkauft. Die erzielten Preise lagen zwischen 350 000 und 700 000 Euro – je nach Größe. Ein gutes Geschäft. Jetzt ist aber einer dieser Käufer wieder abgesprungen, weil seine Frau die Insel Spiekeroog nicht mag und lieber nach Wangerooge ziehen möchte. Für Martin Ullrich ein Glücksfall – er kann die Wohnung nun ein zweites Mal verkaufen. Und auch der neue Besitzer macht dabei einen guten Schnitt: Vor einem halben Jahr hat er 680 000 Euro bezahlt, jetzt verlangt er ein Vielfaches mehr. Und Interessenten gibt es.
Thomas Querl auf Langeoog hat sich vor zehn Jahren ein Haus gekauft und es dann vollständig modernisiert und erweitert. Jetzt will auch er sein Anwesen verkaufen – und mehr als eine Million Euro dafür haben. „Das habe ich mir gedacht, dass diese Verhandlungen mit dir sportlich werden“, sagt der Inselmakler zu dem 48jährigen. Die hohen Preise seien verrückt, sagt der Makler und für viele nicht mehr nachzuvollziehen. Aber der Markt mache das mit – für Käufer aus Frankfurt oder München seien diese Preise nichts Außergewöhnliches.
Den dicksten Fisch hat Martin Ullrich derzeit auf Wangerooge an der Angel. Investor Carsten Hippenstiehl möchte eine Ferienwohnanlage mit zwölf Einzelwohnungen bauen und setzt bei der Vermarktung auf die Erfahrung der Inselmaklers. Im September schon soll Baubeginn sein – auch bei diesem Geschäft geht es um Millionen. Für Hippenstiehl ist das aber nichts Besonderes. Er ist weltweit als Projektmanager tätig und denkt dabei im zweistelligen Millionenbereich. Gerade hat er in Kaliningrad 8000 Hektar Ackerfläche gekauft – und hat dabei die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 im Hinterkopf.
Er ist es auch, der die Wohnung in der Anlage „Emil Nolde“ auf Spiekeroog wieder verkaufen will, weil seine Frau lieber nach Wangerooge wollte. Jetzt hat der 39jährige hier seinen ersten Wohnsitz angemeldet, ein schickes Fachwerkhaus für sich, seine Frau und seine vier Kinder gekauft – und möchte sich so gern niederlassen. „Das bedarf aber noch einer gewissen Überzeugungsarbeit“, erzählt er dem Makler. Denn seine Familie habe sich zu sehr an ihr gerade frisch renoviertes Haus in der Wesermarsch gewöhnt.
Durch den Verkauf der Häuser an gutsituierte Käufer kommt es auf den Inseln dazu , dass immer mehr Häuser übers Jahr nur zweitweise bewohnt sind und keine direkte Bindung zur Dorfgemeinschaft stattfindet. Die Insel-Gemeinden leiden – und gleichzeitig fehlen preisgünstige Mietwohnungen beispielsweise für die vielen Saison-Arbeitskräfte. Spiekeroogs Bürgermeister Bernd Fiegenheim: „Die Insulaner tragen auch schon eine gewisse Mitverantwortung an dieser Entwicklung“. Denn sie würden ja die hohen Preise verlangen. Ein Gastronom auf Spiekeroog sagt: „Für viele Kinder ist es ein Jackpot, wenn die Eltern ihnen ihr Haus vererben.“
Wiederholung: 24. Juli 2012 um 13.00 Uhr, NDR-Fernsehen
Ich habe mir gestern Abend den Film über den Inselmakler gegönnt. Normalerweise kann ich Makler nicht ausstehen, die stecke ich gleich in die Schublade "Abzocker". Aber dein Einblick in den Berufsalltag des Inselmaklers ließ den Herrn Ullrich doch als sympathischen Zeitgenossen rüberkommen.
Hab mir den Film -obwohl Freitagabend!:-) - grad in der Mediathek angesehn - und muss sagen: das war eine gut angelegte halbe Stunde! Nah dran, sympathischer Protagonist, aufgeräumte Stimmung - lässt auf viel Recherche-Arbeit im Vorfeld schließen! Außerdem wie immer Klasse-Kamera von Reinhard, Jens und Kiki!!