Briefmarken unterm Hammer
Auktionator Klaus Veuskens auf Schatzsuche
Auf der Suche nach kostbaren Briefmarken erlebt Klaus Veuskens jede Woche spannende Geschichten. Er ist einer von ganz wenigen Auktionatoren in Norddeutschland, die sich mit Briefmarken sehr gut auskennen. Seit 33 Jahren organisiert er viermal im Jahr große Versteigerungen, zu denen dann Sammler aus ganz Europa nach Hildesheim kommen. An so einem Tag verdient er sein Geld, der Umsatz richtet sich immer nach dem eingelieferten Material. „Das ging in den letzten Jahren von 300 000 bis zu einer Million Euro“, sagt Veuskens. Von jeder Briefmarke bekommt Klaus Veuskens 20 Prozent als Provision. Damit finanziert er sein Auktionshaus - bezahlt Personal, Kataloge und Werbung.
Vor den Auktionen macht Klaus Veuskens überall in Niedersachsen Hausbesuche und sichtet dabei oft ganz unterschiedliche Sammlungen. Vielfach sind die Marken nichts wert, manchmal entdeckt er aber auch ganz besondere Schätze. In einem Hochhaus ist ein Mann gestorben, der sein ganz Leben lang gesammelt hat. Bis unter die Decke stapeln sich dort 550 Kartons. Und Klaus Veuskens muss sie sortieren und den Inhalt bewerten. Er braucht mehrere Tage, um die gesamte Wohnung zu entrümpeln. Das Problem: Die Sammlung ist überhaupt nicht sortiert. Briefmarken, Münzen, Abzeichen und Orden liegen neben Schlümpfen, Porzellan und Kunstgegenständen. Der Verstorbene hat alles gesammelt – auch unzählige Comics, DVDs und Autogramme. Aber Klaus Veuskens stöbert nicht nur in Sammlungen, wenn er gerufen wird. Fast jeden Tag werden in Hildesheim auch Briefmarken angeliefert. Dann bringen die Sammler ihre Marken meist in großen Mengen – immer in der Hoffnung, damit das große Geld zu machen.
Schon Stunden vor der Auktion stöbern die Sammler in Kisten und Alben. Eine sagt: „Das ist wie Kinder-Überraschung für Erwachsene.“ Heinz Reichstein aus Isenbüttel möchte seine Briefmarken versteigern lassen. „Seitdem ich im Vorruhestand bin, habe ich keine Zeit mehr“, schmunzelt der Sammler. Er hat Briefmarken aus der Karibik gesammelt – und von anderen Inselstaaten. „Die Blaue Mauritius aber ist nicht dabei?“ fragt Klaus Veuskens mit einem Lächeln. Er weiß, dass diese Marke sehr viel Wert ist. Vor acht Jahren wurde ein Exemplar in London für eine Million Euro versteigert. Weltweit gibt es noch zwölf Stück davon. Die meisten Sammler haben deutsche Briefmarken in ihren Alben. „Und die wurden mit der Einführung des Euro quasi entwerte“, erklärt Klaus Veuskens. Darum sei die Enttäuschung oft sehr groß.
So wie bei Wolfgang Engelbrecht aus Göttingen. Wie viele andere hat er sich mit seinen Briefmarken auf den Weg zu einem Einkaufszentrum gemacht. Dort können Sammler sich ihre Schätze von Klaus Veuskens und seinen Mitarbeitern bewerten lassen. Bis zu 5 000 Euro erhofft sich Wolfgang Engelbrecht für seine Sammlung – Klaus Veuskens muss ihm aber sagen, dass er höchstens 200 Euro dafür bekommt. Der Grund: Der Markt ist überschwemmt mit Briefmarken aus Deutschland, der Preis darum im Keller. Gute Gewinne kann man heute nur noch mit Briefmarken aus China und Russland machen. Denn dort geben finanzkräftige Sammler noch viel Geld für Briefmarken aus.
Eine junge Frau hat die Sammlung ihres Opas geerbt, sie selbst kennt sich gar nicht aus. Horst Warnecke vom Briefmarkenclub Hannover hilft ihr und sortiert die Marken - am Ende der Versteigerung erlebt die Frau eine große Überraschung. Und auch Wolfgang Müller aus Hildesheim freut sich: Er hat für gut 2 000 Euro die gesamten Comics aus dem Hochhaus-Nachlass ersteigert. Für Klaus Veuskens ist bei dieser Auktion nur wichtig, dass die 550 Kisten aus dem Hochhaus einen neuen Besitzer finden. Die unsortierte Sammlung hat ihm viel Zeit und Nerven gekostet.
Die nordreportage begleitet den Auktionator in den Wochen vor der Versteigerung und an dem Tag, wenn die Briefmarken unter den Hammer kommen.
Wiederholung: 04. Juni um 01:45 Uhr und am 05. Juni, 11:30 Uhr NDR Fernsehen
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